Mit über 25 Jahren Erfahrung im Gesundheitswesen habe ich beobachtet, wie immer mehr Menschen über Beschwerden nach dem Verzehr glutenhaltiger Lebensmittel klagen. Oft bleiben die Ursachen unklar – doch glutenhaltige Lebensmittel stehen bei vielen Verdachtsfällen im Fokus. Betroffene leiden unter diffusen Verdauungsproblemen, ohne genau zu wissen, welche Ursache dahintersteckt.
Doch was genau verbirgt sich hinter Begriffen wie Glutensensitivität und Zöliakie? Doch was unterscheidet Glutensensitivität von Zöliakie? Dieser Artikel klärt evidenzbasiert über Glutenunverträglichkeiten auf und stellt wissenschaftlich fundierte Handlungsoptionen vor.
Inhaltsverzeichnis
ToggleWas ist Gluten? Wieso glutenhaltige Lebensmittel Verdauungsprobleme verursachen können
Gluten ist ein Sammelbegriff für Proteine, die in Getreidesorten wie Weizen, Roggen oder Gerste vorkommen. Es besteht aus zwei Hauptkomponenten: Gliadin und Glutenin. Diese Proteine verleihen Backwaren ihre elastische Struktur und sind für die meisten Menschen unbedenklich. Bei genetisch prädisponierten Personen kann Gluten jedoch eine Reihe von Immunreaktionen auslösen.
Warum ist Gluten schwer verdaulich?
Menschliche Verdauungsenzyme wie Pepsin und Trypsin sind nicht in der Lage, Gluten vollständig abzubauen. Insbesondere die Gliadin-Peptide bleiben oft intakt und passieren die Darmbarriere. Bei Personen mit Zöliakie oder Glutensensitivität aktivieren diese Peptide das Immunsystem, wodurch Entzündungen, Gewebeschäden sowie weitere negative Symptome hervorgerufen werden können.
Die Rolle der Genetik
Über 95 % der Zöliakie-Patienten tragen die HLA-Gene DQ2 oder DQ8, jene für die Präsentation von Gliadin-Peptiden an T-Zellen verantwortlich sind. Diese genetische Prädisposition ist ein Schlüsselfaktor für die Entstehung der Erkrankung.
Glutensensitivität vs. Zöliakie: Wie unterscheiden sich die Glutenunverträglichkeiten?
1. Zöliakie: Eine Autoimmunerkrankung mit Langzeitfolgen
Zöliakie ist eine Autoimmunerkrankung, bei jener das Immunsystem Antikörper gegen das Enzym Tissue-Transglutaminase (tTG) bildet. Diese Reaktion führt zur Zerstörung der Dünndarmzotten, wodurch die Nährstoffaufnahme erheblich beeinträchtigt wird.
Es handelt sich hierbei um eine chronische Autoimmunreaktion beim Verzehr von glutenhaltigen Lebensmitteln.
Langzeitrisiken bei unbehandelter Zöliakie: Vitamin B12 und weitere Risiken
Menschen mit Zöliakie können enorme gesundheitliche Folgen erleiden, sofern keine strikte glutenfreie Diät eingehalten wird. Neben kurzfristigen Beschwerden wie Bauchschmerzen sind mögliche langfristige Risiken bekannt – wie unter anderem in der Studie „Narrative Review:Nutrient Deficiencies in Adults and Children with Treated and Untreated Celiac Disease“ beschrieben:
Malabsorption und Nährstoffdefizite
- Eisenmangel (führende Ursache für Anämie bei Zöliakie, bei 6-82% der Erwachsenen und 12-82% der Kinder bei Diagnose)
- Vitamin-B12-Mangel (trotz terminaler Ileum-Resilienz möglich, bei 5-19% der Patienten)
- Osteoporose/Osteopenie (durch Mangel an Kalzium (0-26% der Erwachsenen) und Vitamin D (5-88% der Erwachsenen))
- Folsäuremangel (bei 11-75% der Erwachsenen und 14-31% der Kinder)
- Zinkmangel (bis zu 72% der Kinder, persistiert bei 16-30% trotz glutenfreier Diät)
- Vitamin B6-Mangel (15% bei Diagnose, bis 37% unter GFD)
- Magnesiummangel (7-17% der pädiatrischen Patienten) Aufgrund dieser Defizite wird initial oft fälschlicherweise nur eine Mangelernährung vermutet, ohne die zugrundeliegende Zöliakie zu diagnostizieren.
Autoimmune Begleiterkrankungen
- Typ-1-Diabetes (5-10% der Zöliakie-Patienten)
- Hashimoto-Thyreoiditis
- Dermatitis herpetiformis Duhring (kutane Manifestation)
- Autoimmune Hepatitis
Onkologische Risiken
- Enteropathie-assoziierte T-Zell-Lymphome (EATL; erhöhtes Risiko bei langjähriger unbehandelter Zöliakie)
- Dünndarmadenokarzinome
- Non-Hodgkin-Lymphome
Weitere klinische Besonderheiten
- Persistierende Nährstoffdefizite trotz glutenfreier Diät (v.a. Eisen, Zink, Vitamin D)
- Erhöhtes kardiovaskuläres Risiko durch Hyperhomocysteinämie (Folge von B-Vitamin-Mangel)
- Wachstumsstörungen und verzögerte Pubertät bei Kindern
Diagnostik
- Serologische Tests: Nachweis von tTG-IgA und Endomysium-Antikörpern (EMA).
- Dünndarmbiopsie: Goldstandard zur Bestätigung der Zottenatrophie.
2. Nicht-zöliakische Glutensensitivität (NCGS): Ein komplexes Phänomen
Die nicht-zöliakische Glutensensitivität ist eine Ausschlussdiagnose. Betroffene zeigen ähnliche Symptome wie Zöliakie-Patienten, aber ohne Autoantikörper oder Darmschäden. Die Pathogenese ist unklar, doch aktuelle Studien deuten auf folgende Mechanismen hin:
Mögliche Ursachen
- Innate Immunaktivierung: Gliadin aktiviert angeborene Immunzellen (z. B. Makrophagen) über Toll-like-Rezeptoren, die bei der Erkennung von Infektionen eine Rolle spielen.
- Darmbarrierestörung: Erhöhte Permeabilität (“Leaky Gut”) ermöglicht das Eindringen von Glutenpeptiden.
- FODMAP-Intoleranz: Fermentierbare Kohlenhydrate könnten synergistisch mit Gluten wirken.
Diese Form der Glutenunverträglichkeit stellt Wissenschaftler vor besondere Herausforderungen. Betroffene zeigen Symptome nach dem Verzehr glutenhaltiger Lebensmittel, ohne dass eine Zöliakie oder Weizenallergie nachweisbar ist.
Eine Studie aus dem Jahr 2024 in PubMed untersuchte Biomarker bei Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität und identifizierte folgende Auffälligkeiten:
- Serologische Marker: Bei über 50 % der NCGS-Patienten wurden erhöhte IgG-Antigliadin-Antikörper (AGA) nachgewiesen, während HLA-DQ2/DQ8-Marker seltener auftraten.
- Darmstrukturelle Veränderungen: Elektronenmikroskopische Analysen zeigten verkürzte Darmzotten und erweiterte Adhärenzverbindungen im Duodenum, allerdings in geringerem Ausmaß als bei Zöliakie.
- Immunologische Unterschiede: Die Studie betont, dass die bei NCGS beobachteten intraepithelialen Lymphozyten und Mikrovilli-Veränderungen auf eine atypische Immunreaktion hinweisen, die sich von der Zöliakie unterscheidet.
Obwohl spezifische diagnostische Biomarker noch fehlen, deuten diese Befunde auf eine kombinierte Pathogenese aus immunologischer Aktivierung und Darmbarrierestörung bei NCGS hin.
Welche Symptome treten bei Glutenunverträglichkeit und Zöliakie auf?
Die typischen Symptome bei Glutenintoleranz können je nach Form der Unverträglichkeit und individueller Disposition stark variieren. Von Hautveränderungen bis hin zur schleichenden Veränderung der Dünndarmschleimhaut können folgende Symptome bei Zöliakie auftreten:
Gastrointestinale Symptome:
- Verdauungsbeschwerden und Krämpfe
- Blähungen und Blähbauch
- Durchfall oder Verstopfung
- Übelkeit
- Sodbrennen
Extraintestinale Symptome:
- Müdigkeit und Erschöpfung
- Kopfschmerzen oder Migräne
- Gelenkschmerzen
- Hautprobleme wie Ekzeme oder Ausschläge
- Konzentrationsstörungen “Brain Fog”
- Depressive Verstimmungen
Besonders bei der Zöliakie können auch Mangelerscheinungen auftreten, da durch die geschädigte Darmschleimhaut wichtige Nährstoffe nicht mehr ausreichend aufgenommen werden. Dies betrifft insbesondere Eisen, Vitamin B12, Vitamin D, Folsäure, Kalzium, Zink, Vitamin B6 und Magnesium.
Wie wird eine Glutenunverträglichkeit diagnostiziert? Test zur Allergie auf Gluten
Der Weg zur richtigen Diagnose kann langwierig sein und sollte stets unter ärztlicher Begleitung erfolgen. Von einem Zöliakie-Test, der Antikörper untersucht, bis hin zum Ausschlussverfahren durch eine anhaltend glutenfreien Ernährung ein strukturierter Diagnoseprozess umfasst:
1. Ausführliche Anamnese
Erfassung aller Symptome, deren zeitlicher Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme sowie familiäre Vorbelastungen. Ein Verträglichkeitstagebuch bietet dabei die Möglichkeit, individuelle Reaktionen auf Lebensmittel gezielter einzuordnen.
2. Laboruntersuchungen
- Bei Zöliakieverdacht: Anti-Gewebstransglutaminase-Antikörper (tTG-IgA), Endomysium-Antikörper (EMA), Deamidierte Gliadinpeptid-Antikörper (DGP)
- Bei Allergieverdacht: Spezifische IgE-Antikörper gegen Weizenproteine
3. Weiterführende Diagnostik
- Dünndarmbiopsie (Goldstandard bei Zöliakie)
- Genetische Tests auf HLA-DQ2/DQ8 (bei Zöliakie)
- Ausschlussdiagnostik bei Verdacht auf NCGS
4. Eliminationsdiät mit anschließender Provokation
Besonders bei Verdacht auf NCGS ist oft eine mehrwöchige glutenfreie Ernährung mit anschließender gezielter Wiedereinführung (unter ärztlicher Aufsicht) der einzige Weg, um die Diagnose zu sichern.
Warum treten vermehrt Beschwerden auf? Weizenallergie, Gluten-Sensitivität und Autoimmunerkrankung
In den letzten Jahren scheint es, als würden immer mehr Menschen über Probleme mit Gluten klagen. Ob Zöliakie, Weizensensitivität oder die Entscheidung für eine glutenfreie Ernährung aus anderen Gründen – das Thema ist präsenter denn je. Doch warum entsteht der Eindruck, dass Glutenunverträglichkeiten scheinbar zunehmen?
Es existieren mehrere mögliche Erklärungen für dieses Phänomen:
1. Gestiegenes Bewusstsein und verbesserte Dieagnose inklusive Bluttest
Ein wichtiger Faktor ist sicherlich das gestiegene Bewusstsein für glutenbedingte Erkrankungen. Sowohl in der Bevölkerung als auch in der medizinischen Fachwelt ist das Wissen um Zöliakie und andere Formen der Glutenunverträglichkeit gewachsen. Symptome, die früher möglicherweise anderen Ursachen zugeschrieben wurden, werden heutzutage eher mit Gluten assoziiert und entsprechend untersucht.
Auch die Diagnosemethoden haben sich verbessert; sensitivere Tests für Zöliakie und ein besseres Verständnis der Symptome von Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität tragen dazu bei, dass mehr Fälle erkannt werden.
2. Veränderungen in Weizen und Verarbeitung
Es existieren auch Studien und Theorien, die besagen, dass sich der moderne Weizen von dem Weizen unterscheidet, der vor Jahrzehnten angebaut wurde. Durch Züchtungen wurden beispielsweise der Glutengehalt erhöht und bestimmte Proteinstrukturen verändert. Einige Experten vermuten, dass diese Veränderungen die Verträglichkeit für manche Menschen beeinträchtigen könnten.
Auch die Verarbeitung von Lebensmitteln hat sich gewandelt. Der Einsatz von Zusatzstoffen und veränderten Verarbeitungsmethoden könnte ebenfalls eine Rolle spielen, auch wenn hier noch weitere Forschung notwendig ist.
3. Der “Glutenfrei”-Trend
Die glutenfreie Ernährung erfreut sich zunehmender Beliebtheit – nicht nur bei Personen mit diagnostizierter Zöliakie oder Glutensensitivität. Viele verzichten auf Gluten in der Hoffnung auf bessere Verdauung, mehr Energie oder Gewichtsabnahme. Doch nicht immer ist Gluten der tatsächliche Auslöser der Beschwerden; oft liegen andere Ursachen zugrunde. Eine differenzierte Betrachtung ist daher essenziell.
Welche Therapiemöglichkeiten sind bei Glutenunverträglichkeiten zu empfehlen?
1. Strenge glutenfreie Ernährung
Bei Zöliakie ist eine strikt glutenfreie Ernährung die einzige wirksame Therapie – und erfordert mehr als nur den Verzicht auf Weizen, Roggen und Gerste. Neben dem Meiden offensichtlicher Glutenquellen ist die Vermeidung von Kreuzkontamination entscheidend: Selbst Spuren von Gluten, etwa durch gemeinsame Küchenutensilien, geteilte Toaster oder unbeabsichtigte Verunreinigungen während der Produktion, können bei Betroffenen Reaktionen auslösen.
Glutenfreie Lebensmittel müssen in der EU den Grenzwert von <20 ppm (20 mg/kg) einhalten und sind mit dem durchgestrichenen Ährensymbol („glutenfrei“) oder dem Hinweis „sehr geringer Glutengehalt“ gekennzeichnet. Zusätzlich garantieren Zertifizierungen wie die „glutenfrei“-Logo der Deutschen Zöliakie-Gesellschaft (DZG) oder internationale Standards (z. B. GFCO) weitere Sicherheit.
2. Enzympräparate zur Unterstützung des Glutenabbaus
Ein vielversprechender Ansatz zur Unterstützung bei leichteren Formen der Glutensensitivität oder bei unvermeidbaren kleineren Glutenmengen sind spezielle Enzympräparate. Diese enthalten Proteasen, die zum Abbau von Gluten beitragen können.
Die Studie von Vacca et al. (2025) untersuchte die Wirksamkeit eines mikrobiellen Konsortiums (MC16) in Kombination mit kommerziellen Enzymen unter simulierten gastrointestinalen Bedingungen. Die Ergebnisse zeigten, dass MC16 mit den Enzymen Gluten innerhalb von 24 Stunden unter die Nachweisgrenze von 20 ppm abbauen konnte – selbst bei einer 20-fach erhöhten Glutenmenge. Zudem reduzierte das Konsortium entzündungsfördernde Zytokine in Zöliakie-Biopsien und verbesserte antioxidative sowie phytatabbauende Aktivitäten.
Diese Befunde legen nahe, dass enzymbasierte Therapien – insbesondere in Kombination mit probiotischen Stämmen – eine ergänzende Strategie für Personen mit Glutenunverträglichkeiten sein könnten, um Restglutenspuren unschädlich zu machen.
3. Probiotika und Mikrobiom-Management
Die Rolle der Darmflora bei Glutenunverträglichkeiten rückt zunehmend in den Fokus der Wissenschaft. Bestimmte Bakterienstämme scheinen einen positiven Einfluss auf die Glutenverträglichkeit zu haben:
- Lactobacillus-Arten können zur Reduktion von Entzündungsreaktionen beitragen
- Bacillus-Stämme produzieren Enzyme, die beim Abbau von Gluten helfen
Bifidobakterien unterstützen die Darmbarriere und verhindern die Durchlässigkeit für Glutenpeptide
Wie sieht der Alltag mit Glutenunverträglichkeit aus?
Sollte eine allergische Reaktion auf Zöliakie hindeuten, sollten Sie dringlichst eine glutenfreie Diät halten. Leben mit einer Glutenunverträglichkeit bedeutet jedoch mehr als nur der Verzicht auf den Verzehr von Weizen. Es erfordert eine ständige Wachsamkeit beim Einkaufen, Kochen und Essen außer Haus.
Herausforderungen im Alltag
- Versteckte Quellen von Gluten identifizieren: Gluten kann in vielen verarbeiteten Lebensmitteln vorkommen, oft unter Namen wie “Malzaroma”, “modifizierte Stärke” oder “Hydrolysiertes Pflanzenprotein”.
- Essen außer Haus: Restaurants, Kantinen und Einladungen bei Freunden stellen Betroffene vor besondere Herausforderungen. Die Kommunikation des eigenen Ernährungsbedarfs und das Vertrauen in die korrekte Zubereitung sind entscheidend.
- Höhere Kosten: Glutenfreie Produkte sind oft deutlich teurer als herkömmliche Lebensmittel.
- Soziale Aspekte: Die Einschränkungen bei gemeinsamen Mahlzeiten können zu sozialer Isolation führen.
- Ausgewogene Ernährung: Eine bewusste Ernährung ist wichtiger denn je, weil viele Mikronährstoffe (Eisen, Vitamin B12, Vitamin D, Folsäure, Kalzium, Zink, Vitamin B6 und Magnesium) aus anderen Quellen zugeführt werden sollten.
Praktische Tipps für den Alltag mit Glutenunverträglichkeit
- Natürlich glutenfreie Lebensmittel bevorzugen: Obst, Gemüse, unverarbeitetes Fleisch, Fisch, Eier, Milchprodukte, Reis, Mais, Buchweizen, Quinoa, Amaranth, Hirse und Kartoffeln sind von Natur aus glutenfrei und bieten eine gute Basis für eine ausgewogene Ernährung.
- Auf Nährstoffversorgung achten: Bei strikt glutenfreier Ernährung kann es zu Nährstoffdefiziten kommen. Besonders auf ausreichende Zufuhr von B-Vitaminen, Eisen, Calcium und Ballaststoffen sollte geachtet werden.
- Unterstützende Nahrungsergänzungsmittel auswählen: Bei der Auswahl sollten Sie auf hochwertige Produkte achten, die:
- frei von Gluten und anderen häufigen Allergenen sind
- spezifische, wissenschaftlich untersuchte Bakterienstämme enthalten
- Verdauungsenzyme wie Proteasen bieten, die beim Abbau von Glutenpeptiden helfen
- transparent bezüglich ihrer Inhaltsstoffe und deren Wirksamkeit sind
- bei einer ausgewogenen und umfangreichen Mikronährstoffversorgung unterstützen
Fazit: Wissenschaft eröffnet neue Perspektiven bei Glutenunverträglichkeit
Die Forschung zu Glutenunverträglichkeiten hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. Wir verstehen heute besser, wie unterschiedlich die Mechanismen bei Zöliakie, Weizenallergie und Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität sind.
Während eine glutenfreie Ernährung weiterhin das Fundament der Therapie bleibt, eröffnen neue Erkenntnisse über die Rolle von Verdauungsenzymen und Darmbakterien zusätzliche Unterstützungsmöglichkeiten. Die Kombination aus spezifischen Proteasen und ausgewählten Bakterienstämmen zeigt vielversprechende Ergebnisse, insbesondere bei leichteren Formen der Glutensensitivität.
Unsere Wissenschaftsredaktion bewertet diese Entwicklungen als bedeutenden Fortschritt auf dem Gebiet der Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Die neuen Erkenntnisse und Methoden eröffnen Betroffenen konkrete Möglichkeiten für eine verbesserte Lebensqualität und erhöhte Sicherheit in ihrem Alltag. Die vorliegenden Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass diese innovativen Ansätze das Management der Erkrankung nachhaltig verändern könnten.
Lassen Sie sich bei Verdacht auf eine Glutenunverträglichkeit stets ärztlich beraten und erarbeiten Sie gemeinsam mit Fachleuten eine individuelle Strategie für Ihren Umgang mit Gluten. Die richtige Kombination aus Ernährungsumstellung, gezielter Supplementierung und Wissensaufbau kann den Alltag mit Glutenunverträglichkeit deutlich erleichtern.
FAQ – Häufig gestellte Fragen
Der Hauptunterschied liegt darin, dass Zöliakie eine Autoimmunerkrankung ist, bei der Gluten eine Entzündungsreaktion im Dünndarm auslöst, die die Darmzotten schädigt. Bei einer Glutenunverträglichkeit (auch Glutensensitivität genannt) reagiert der Körper ebenfalls negativ auf Gluten, aber ohne die für Zöliakie typische Schädigung der Schleimhaut des Darms.
Bei Zöliakie werden selbst geringe Mengen Gluten nicht vertragen, während bei einer Glutenunverträglichkeit die Symptome oft dosisabhängig sind. Zöliakie gehört zu den Autoimmunerkrankungen, während die Glutenunverträglichkeit als Nahrungsmittelunverträglichkeit eingestuft wird.
Bei Verdacht auf Zöliakie wird zunächst Blut entnommen, um Antikörper gegen Gewebstransglutaminase, Endomysium und Gliadin (ein Bestandteil von Gluten) zu testen. Zusätzlich spielen bestimmte Gene (HLA-DQ2 und HLA-DQ8) eine wichtige Rolle. Die endgültige Diagnose erfordert eine Dünndarmbiopsie, die Schäden an der Darmschleimhaut nachweist.
Die Glutenunverträglichkeit hingegen ist schwieriger zu diagnostizieren, da keine spezifischen Biomarker existieren. Sie wird oft durch Ausschluss von Zöliakie und Weizenallergie sowie durch Beobachtung der Symptombesserung bei glutenfreier Ernährung diagnostiziert.
Gluten löst eine schwere Entzündungsreaktion bei Zöliakie aus. Hierdurch werden die Darmzotten im Dünndarm angegriffen und auf Dauer zerstört. Diese Zottenatrophie führt zu einer verminderten Oberfläche des Darms und beeinträchtigt die Nährstoffaufnahme erheblich. Im Verlauf der Erkrankung bilden sich die Darmzotten immer weiter zurück. Die Darmschleimhaut wird durchlässig (Leaky Gut), was zu weiteren Komplikationen führen kann.
Bei der Glutenunverträglichkeit können zwar auch Entzündungsreaktionen, Bauchbeschwerden und Durchfall auftreten, jedoch ohne die charakteristische Zerstörung der Darmzotten. Die Beschwerden betreffen oft den gesamten Darm, ohne strukturelle Veränderungen zu verursachen.
Bei beiden Erkrankungen müssen glutenhaltige Produkte gemieden werden. Gluten ist in zahlreichen Getreidesorten vorhanden, jedoch hauptsächlich in Weizen enthalten (einschließlich Dinkel, Kamut, Emmer), Roggen und Gerste. Es versteckt sich auch in vielen verarbeiteten Lebensmitteln wie Soßen, Fertiggerichten, Süßigkeiten und sogar in manchen Medikamenten.
Bei Zöliakie ist die strikte Einhaltung einer glutenfreien Ernährung lebenslang notwendig, während Personen mit Glutenunverträglichkeit manchmal geringe Mengen vertragen können. Alternative glutenfreie Getreide sind Reis, Mais, Hirse, Quinoa, Amaranth und Buchweizen.
Ja, besonders bei Zöliakie tritt häufig ein Vitamin B12-Mangel auf. Dies liegt an der Schädigung des Dünndarms, wo die Vitamin B12-Aufnahme stattfindet. Die beschädigte Darmschleimhaut kann das Vitamin nicht mehr effektiv absorbieren, was zu Müdigkeit, neurologischen Symptomen und Blutbildveränderungen führen kann.
Bei der Glutenunverträglichkeit kommt ein Vitamin B12-Mangel seltener vor, da die Darmzotten intakt bleiben. Dennoch sollten Betroffene beider Erkrankungen ihre B12-Werte regelmäßig überprüfen lassen, besonders wenn sie sich ausschließlich glutenfrei ernähren, da viele angereicherte Lebensmittel Gluten enthalten.
Albumin und Globulin sind Proteine, die bei der Diagnose und Überwachung dieser Erkrankungen eine Rolle spielen können. Bei Zöliakie können durch die entzündlichen Prozesse und die gestörte Darmfunktion die Serumwerte von Albumin verringert sein, was auf eine Malabsorption hindeutet.
Globuline, besonders Immunglobuline wie IgA und IgG, sind bei der Zöliakie oft erhöht und werden für diagnostische Tests verwendet. Bei der Glutenunverträglichkeit sind diese Proteinwerte meist weniger stark verändert. Die Messung von Albumin kann helfen, den Ernährungszustand der Patienten zu beurteilen, während spezifische Anti-Gliadin-Antikörper (eine Form von Globulinen) für die Diagnose der Zöliakie relevant sind.
Die glutenfreie Ernährung ist derzeit die einzige bewährte Behandlung für beide Erkrankungen. Bei Zöliakie ist sie zwingend erforderlich und muss lebenslang eingehalten werden, um Komplikationen zu vermeiden.
Bei Glutenunverträglichkeit kann sie zu einer deutlichen Linderung der Symptome führen.
Begleitende Maßnahmen wären:
- probiotische Nahrungsergänzungsmittel zur Unterstützung der Darmflora
- Enzympräparate, die beim Abbau von versehentlich aufgenommenem Gluten helfen können
- eine gezielte Nährstoffsupplementierung
Ja, der Begriff "glutenfrei" ist durch EU-Verordnungen rechtlich definiert und geschützt. Lebensmittel dürfen nur dann als "glutenfrei" gekennzeichnet werden, wenn sie weniger als 20 mg Gluten pro kg enthalten. Dies gewährleistet einen gewissen Schutz für Zöliakie-Patienten, da selbst diese geringen Mengen von den meisten Betroffenen vertragen werden. Für besonders empfindliche Personen gibt es auch Produkte mit dem Zusatz "sehr geringer Glutengehalt" (bis zu 100 mg/kg), die jedoch für Zöliakie-Patienten oft nicht geeignet sind.
Es ist wichtig zu wissen, dass "glutenfrei" kein Synonym für "gesund" ist, da viele glutenfreie Produkte stark verarbeitet sein können und weniger Ballaststoffe sowie mehr Zucker und Fett enthalten können als ihre glutenhaltigen Gegenstücke.